BWF Stiftung – 29. Verhandlungstag
Bei der BWF Stiftung (Berliner Finanz- und Wirtschaftsstiftung) in Berlin-Zehlendorf konnten Verbraucher physisches Gold kaufen und im Tresor lagern. Zudem sollte durch Goldhandel eine Rendite erwirtschaftet werden. Im Februar 2015 war aber Schluss. Der Geschäftsbetrieb, der seit Herbst 2011 lief, wurde abrupt beendet. Es kam zu einer polizeilichen Hausdurchsuchung, Goldbeschlagnahme im Tresor, der Vertrieb wurde untersagt, Insolvenzverfahren wurden eingeleitet. In Berlin läuft und läuft das Straf-Verfahren rund um die Aufklärung der Umstände des BWF Skandals. Heute war der 29. Verhandlungstag. Die Goldprodukte der BWF Stiftung waren einfach gestrickt, galten als sehr sicher und waren bei Kunden und Vermittlern beliebt. Ab April 2016 werden die Umstände vor dem Strafgericht diskutiert, immer dienstags und donnerstags ab 10.15 Uhr im Kriminalgericht Berlin-Moabit. Angeklagt sind ein Wirtschaftsprüfer, ein Mitarbeiter einer Anwaltskanzlei aus Köln, ein Vertriebsmitarbeiter, ein Anwalt aus Berlin und die Eheleute Saik, die sich beide seit Herbst 2015 in Untersuchungshaft befinden. Der Hauptangeklagte Saik hatte in einer Einlassung erklärt, dass er Gelder der Kunden zweckentfremdet hatte. Die BWF Stiftung sammelte das Geld von dem Kunden und die TMS GmbH mit der Verwaltung und dem Goldhandel beauftragt. Einziger Schlüsselinhaber des Hochsicherheits-Tresor in Berlin und Goldhändler mit Verfügungsbefugnis für die TMS GmbH war der Angeklagte Saik. Herr Saik kaufte aber nicht in jedem Fall echtes Gold, sondern teilweise auch Metalle mit Goldüberzug. Die Gelder, die die TMS GmbH von der BWF Stiftung gezahlt wurden, wurden anderweitig verwendet. Es wurden zwei Villen gekauft und andere Investitionen getätigt. Bei Kontrollen und Besuchen durch Wirtschaftsprüfer, Vertriebler und Kunden wurde immer vorgespiegelt, dass das gesamte Gold im Tresor vollständig echt sei. Auch die Buchhaltung der TMS war so geändert, dass die Käufe des „Dekorgold“ nicht sofort bemerkt werden konnten. Der Goldhändler Saik hatte sich vor Gericht damit verteidigt: er habe eine Firmenbeteiligung und Minenbeteiligung gekauft für die TMS GmbH und gedacht, dass das Gold aus einer Mine aus Südamerika geliefert werden würde. Die Zwischenzeit bis zur Lieferung durch die Mine sollte laut Goldhändler Saik nur überbrückt werden. Vertragspartner des Herrn Saik war ein Herrn Papakostas, der ein Unternehmen namens Yamamoto in der Schweiz leitet. Dieser hat vor dem Straf-Gericht noch nicht ausgesagt. Die Firma Yamamoto hatte bisher kein Gold geliefert. Die Goldfälschungen waren sehr gut, dass selbst die Polizei bei der Hausdurchsuchung und der Inventur Schwierigkeiten hatte, Klarheit über die Güte der Metalle und den Wert festzustellen. Auch dem Händler, der echtes Gold geliefert hatte, war im Tresor der Stiftung nichts besonders aufgefallen.
In der Untersuchungshaft sitzen die Eheleute Saik, wobei der Gesundheitszustand der Ehefrau so schlecht ist, dass vor Gericht diskutiert wurde, diese aus der Haft zu entlassen. Diese – so der Angeklagte Saik – sei sowieso nur Buchhalterin gewesen ohne, dass System zu verstehen. Gleiches gelte so Saik auch für sämtliche Vertriebler, Kunden und alle anderen Mitarbeiter im Büro. Der Goldhändler Saik strahlte absolute Sicherheit aus. Bis zum Zugriff er Polizei im Februar 2015 war die BWF Stiftung nicht vertragsbrüchig geworden und hatte alle vertraglichen Verpflichtungen gegenüber den Kunden erfüllt.
Die Polizei hatte im Februar 2015 eine Hausdurchsuchung durchgeführt. Die Staatsanwaltschaft hatte seit dem Februar 2012 ermittelt und drei Jahre gebraucht, um einen Zugriff zu gestalten. Aufgrund von Geldwäscheverdachtsanzeigen und der Vergangenheit des Goldhändlers vermuteten die Behörden eine Betrugsstraftat zu Lasten von Anlegern. Die Haltung der Bundesanstalt zur Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) war schwankend. Es war zweifelhaft, ob die Bankenenaufsicht überhaupt zuständig ist. Im Sommer 2011 hatte die BWF Stiftung ihr geplanten Geschäftsmodells mit Musterverträgen der Behörde übersandt und die Behörde hatte erst intern die Auffassung vertreten, dass das Geschäft genehmigungsfrei sei. Ist Goldhandel jetzt ein Bankgeschäft oder nicht? Diese Meinung änderte die Behörde im Februar 2012 und wandte sich dann aber an die Staatsanwaltschaft Berlin. Einen Hinweis auf ihrer Rechtsmeinung zeigte sich aber weder der Öffentlichkeit noch der BWF Stiftung selbst. Die Stiftung selbst ging davon aus, dass die Nichtrückmeldung der Aufsichtsbehörde bedeuten würde, dass man keinerlei Bedenken habe. Im Herbst 2014 drohte die BaFin mit einer Rückabwicklung, weil dann gegenüber der BWF Stiftung die Meinung vertreten wurde, es sei ein genehmigungspflichtiges Geschäft habe. Die Verhandlungen zogen sich hin, weil die Stiftung die freiwillige Rückabwicklung angeboten hatte und ein genehmigungsfreies Produkt veräußern wollte. Der Untersagungsbescheid wurde zum Tage der Hausdurchsuchung zugestellt.
Inzwischen laufen Insolvenzverfahren über die Stiftung und die TMS. Der Insolvenzverwalter der Stiftung hat Klage gegen den Bescheid erhoben. Die Abwicklung läuft, Gelder haben die Kunden noch nicht erhalten. Es ist schwierig zu beurteilen, wem das gefundene Gold überhaupt gehört, der TMS GmbH oder der BWF Stiftung.
Die Geschädigten, die Gold kaufen wollten und auch nach 2012 bis 2015 gemacht hatten, waren entsetzt, als bekannt wurde, wie langsam die Behörden arbeiten. Einige Vertriebspartner der BWF Stiftung wurden auch von BWF Kunden verklagt und einige Urteile wegen Schadenersatz liegt vor. Die Staatsanwalt hatte allerdings Strafverfahren gegen Vertriebsmitarbeiter sofort eingestellt. Es sei nicht möglich gewesen, das Falschgold und das Betrugssystem zu erkennen. Schließlich sei auch der angeklagte Wirtschaftsprüfer W. und die KPMG auf das System hereingefallen. Beide hatten Goldprüfungen des Bestandes vorgenommen (ohne allerdings die Fälschungen zu bemerken). Heute wurde ein Zeuge gehört, der als Polizist einen Goldvertrag geschlossen hatte. Auch sein Bruder hatte als Polizist auf das System vertraut. Vermittler war: eine Polizistin, die nebenberuflich für die Stiftung tätig war. Die Zeugenvernehmung war schnell zu Ende. Der Schaden dieses Kunden der BWF Stiftung war 20.000 €. Diskutiert wurde heute: darf der Insolvenzverwalter der TMS GmbH Akteneinsicht der beschlagnahmten Unterlagen haben. Die Verteidigung des Angeklagten Rechtsanwalt Dr. S. beantragte heute einige Geschädigte als Zeugen zu vernehmen, die zivilrechtlich Klagen gegen den Anwalt erhoben haben.
Demnächst sollen weitere Zeugen gehört werden.
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